Leseproben

[Waches Schwester]

Schon wieder ein paar neue Spinner, werden all jene motzen, die ein gutes Auskommen haben und ihre alltägliche Wirklichkeits- und Erlebnisnachfrage dem alltäglichen Wirklichkeits- und Erlebnisangebot fein säuberlich angepaßt haben, daß es sich fügt wie Zip und Zap, Reiß- und Klettverschluß in einem.
Das Risiko, bei ihnen allen die Wahrnehmungsschwelle einer gründlichen Zurkenntnisnahme nicht überschreiten zu können macht uns bibbern und bange.
Die Fusion der Modeausstattung Geschwestern Kurz & Konkret mit dem Bestattungsgewerbe der Betbrüder Schnell & Schmerzlos ist angesagt.
Entblättern Wir also die regional, national, territorial korridorial, überregional, multilateral, international bis global schön sachte umsetzbare Machbarkeit eines neuen soliden sozialen Vernetzungsgefüges, das so angelegt ist, daß die Schafe geschont werden, den Wölfen die Möglichkeit belassen bleibt, ihre Instinkte ohne Beschädigung anderer auszuleben, und auch alle vegetativen Exoten & Tausendsasas nach Beseitigung der Überdüngungsgefahr gut gedeihen mögen.
Die Regiönchen des Freien, Fleißigen Westens haben gegenwärtig seltsame Grenzen ihres wirtschaftlichen Wachstums überschritten. Die Nachfragen aller Markttauglichen und Markttüchtigen werden erfüllt und überfüllt, und trotzdem bleiben die Grundbedürfnisse allzuvieler Ehrlicher und Emsiger, Gemütlicher und Beschaulicher unerfüllt, ohne ernsthafte Nachfrage, warum wieso weshalb das denn so sei.
Mann und Frau in Frustromanien und Newakambäck hören bloß viel Gejammere darüber, daß einheimische glorreiche Unternehmen ihre Produktionssitze in die »armen« warmen Billiglohnländer verlegen, verlagern, auslagern, ja richtig konzentriert hinlagern dürfen, woselbsten sie ein Zehnterl der Lohnkosten & noch weniger zu berappen brauchen, weswegen, omeiomi, einheimisch ansässige Industrien, welche dasselbige unsterbliche Produkt erzeugen und den Sprung in ein »paradiesisches« Billiglohnland nicht geschafft haben, verbluten bis aussterben, weil sie zuviele Abnehmer für ihre Produkte verlieren, da doch ex-einheimische Tochterauslandsfirmen die gleiche Ware um die Hälfte feilbieten. Und das Gejammer wird immer größer. Was sollen wir tun, wenn wir zuwenig zu arbeiten haben? Wenn wir versuchen die Profite unserer superreichen Macher der konsternierten Allgemeinheit zuzuführen, werden sie panikartig unser reiches Land verlassen und in aller Gemütlichkeit Staatsbürger ihres Billiglohnlandes werden, oder mit ihrem Kapital in ein anderes Wohlstandsland hüpfen und dortselbsten ein neues Kapitel ihrer Dynastie aufschlagen, wo sie mIt ihren Geldsilos weiter große Macher spielen dürfen.
Wir würden ja so gern einen Importstop für alle diese Unternehmen verhängen, aber leider müßten wir dann im eigenen Land wieder klein und neu anfangen, doppelt soviel für das gleiche Zeug bezahlen oder unserer schwer arbeitenden, immer älter werdenden New-Age-Generation nur die Hälfte für die gleiche Arbeit bezahlen, weil ja eh schon Workoholix und weil ja aus dem Sozialhahn nur mehr tröpfelt, und hoffentlich sind die dann nicht sauer auf uns fröhliche Börsenmixer und Ministerprimadonnen, na was wird denn da Sigmund Vaterfreund sagen, geht die ganze schöne Chefimago zum Teufel, aber die werden ja schließlich einsehen, für Sündien und Co., verschwindien lei so.
Aber dann, es läßt uns keine Ruhe, was, wenn wir 20 % weniger erarbeiten, wird unsere Kaufkraft 20 % schwächer, und wir können gar nicht mehr soviel Wohlstand wie gewohnt konsumieren - solange die Unternehmer immer noch ihren gewohnten Profit aus den Löhnen herausquetschen, aus den Preisen absahnen, und haben dann doch glatt bald noch weniger Arbeitsplätze und immer noch keine eigene Stanzmaschine, oder um 20 % niedrigere Löhne bei gleichviel vorhandener, an alle Arbeitenden verteilbarer Arbeitszeit, von denen wir uns schon wieder weniger kaufen können, somit unsere einheimische Wirtschaft abkurbeln statt ankurbeln, die hierauf traurig weiterschrumpft oder fröhlich in Billiglohnländer hüpft. Zurück bleibt mehr und mehr Trauerarbeit auf Trauerarbeitsplätzen, mit fröhlichem Nach-Luft-Schnappen, solls ja geben, daß sich schon eine oder einer die Proteine aus dem atmosphärischen Stickstoff reingezogen hat.

Waches Schwester. Eine Tabulei für zerebral überdrüberte Oldies, Goldies, Twens und Soultwins, sowie alle, die's nicht werden wollen oder Die soziale Evolution der planetaren Liebe. Rapial, 1999.